In seiner Gedenkrede zum Volkstrauertag beschwört Prinz Charles die enge deutsch-britische Freundschaft - auch über den Brexit hinaus. Für die Königliche Familie eigentlich ein No-Go: Überraschend spricht der 72-Jährige auch direkt die laufenden Verhandlungen zum Ausstieg der Briten an.
Irgendwie passt das Wetter so gar nicht zum Anlass. Strahlender Sonnenschein, blauer Himmel und frühlingshafte 14 Grad in Berlin, als die Wagenkolonne des britischen Thronfolgers vor Schloss Bellevue vorfährt. Prinz Charles und Herzogin Camilla werden vom Bundespräsidenten und dessen Ehefrau begrüßt, alle vier tragen eine Mund-Nasen-Bedeckung. Wie absolut alles in diesem Jahr wird auch dieser Besuch zum Volkstrauertag von der Corona-Pandemie beeinflusst.
Trotzdem wollte der Prinz von Wales, der am Vortag 72 Jahre wurde und im Frühjahr selbst an Covid-19 erkrankt war, unbedingt nach Berlin kommen. Als besondere Geste gegenüber Deutschland, dem einstigen Kriegsgegner. Charles, der enge Bindungen nach Deutschland hat und sehr gut Deutsch spricht, war seit 1962 mehr als 30 Mal in der Bundesrepublik, zuletzt im Mai 2019. Aber es ist das erste Mal überhaupt, dass ein Mitglied der königlichen Familie an der zentralen Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag in Deutschland teilnimmt.
Am vorletzten Sonntag vor dem 1. Advent begeht Deutschland den Volkstrauertag und in jedem Jahr hat dieses Gedenken einen besonderen Schwerpunkt. In diesem Jahr sind es die deutsch-britischen Beziehungen, die sich von der Feindschaft in zwei Weltkriegen zu Freundschaft und Zusammenarbeit gewandelt haben. Nach dem Gespräch im Bundespräsidialamt nennt Frank-Walter Steinmeier diesen Besuch "eine außergewöhnliche Geste der Versöhnung und der Verbundenheit in besonderen Zeiten".
Rede abwechselnd auf Deutsch und Englisch
Vom Bundespräsidialamt geht es zur Neuen Wache, diesen schönen, stillen Ort an der Straße Unter den Linden im Herzen Berlins, der zentralen Gedenkstätte für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. Hier legen Charles und Camilla ihren Kranz neben die des Bundespräsidenten, des Bundestagspräsidenten, der Bundesregierung, des Bundesrates und des Bundesverfassungsgerichtes. Auf dem von Charles steht: "In ewiger Erinnerung an alle Opfer von Konflikten und Tyrannei. Charles." Die Herzogin von Cornwall hat sogar ein Blumengebinde eigens aus Großbritannien mitgebracht. Rosmarin, Olivenzweige, Gänseblümchen und Amaryllis. Ihr Gruß: "In Erinnerung. Camilla".
Der eigentliche Höhepunkt dieses Besuchs ist die Rede des britischen Thronfolgers beim Festakt im Deutschen Bundestag. Der Plenarsaal ist blau ausgeleuchtet, ein schöner Kontrast zu den Gestecken aus roten Anthurien. Die Dekoration erinnert an britische Mohnblumen und deutsche Vergissmeinnicht. In dem Saal, der mehr als 700 Abgeordneten Platz bietet, sitzen kaum mehr als 30 Personen. Der Präsident des Volksbundes, Wolfgang Schneiderhan, würdigt die Anwesenheit von Prinz Charles als Zeichen tiefer Verbundenheit.

Prinz Charles (2.v.l.), seine Ehefrau Camilla (l), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seiner Frau Elke Büdenbender stehen bei einer Kranzniederlegung zum Volkstrauertag in die Neue Wache.
(Foto: picture alliance/dpa)
Seine Rede hält der britische Thronfolger abwechselnd auf Deutsch und Englisch. Besonders berührend ist sein Bekenntnis: "Wir werden immer Freunde, Partner und Verbündete sein." 75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges beschwört er geradezu die tiefe Partnerschaft zwischen Großbritannien und Deutschland: "Gemeinsam sind wir eine unverzichtbare Kraft für das Gute in der Welt." Beide Länder sollten entschlossen jene Werte verteidigen, die man teile. Er spricht Krisen und Kriege auf der Welt an, aber auch die Weltgesundheit, die Impfstoffentwicklung vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie, die Menschenrechte und den Klimaschutz. "Diese Krisen rufen uns dazu auf, gemeinsam zu handeln", mahnt der Prinz.
Eigentlich No-Go: Charles spricht Brexit-Verhandlungen an
Überraschend spricht Charles auch direkt die laufenden Brexit-Verhandlungen zum Ausstieg der Briten aus der EU an. Eigentlich ein No-Go, denn die königliche Familie äußert sich nie zu aktuellen politischen Themen. Aber die Schicksale beider Länder seien in erheblichem Maße voneinander abhängig. Nachdem sich das Vereinigte Königreich für eine Zukunft außerhalb der EU entschieden habe, verändere sich die Beziehung nun aufs Neue. Er sei aber "der festen Überzeugung, dass die zentralen Bande zwischen uns stark bleiben werden."
Der Volkstrauertag wird in Deutschland seit 1919 begangen - ursprünglich, um Solidarität mit den Hinterbliebenen der Opfer des Ersten Weltkriegs zu zeigen. Inzwischen wird aller Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft gedacht. Seit den 1970er Jahren spricht der Bundespräsident das Totengedenken. Steinmeier hat in diesem Jahr den Text an aktuelle Ereignisse angepasst und bezieht ausdrücklich auch Opfer terroristischer, politischer, islamistischer, rassistischer und antisemitischer Anschläge und Morde in Deutschland aus den vergangenen Jahren mit ein.
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